Svend Renkenberger mag es kurz. „Ich bin Musiker“, antwortet er, wenn man ihn fragt, wie man ihn nun eigentlich bezeichnen soll. Musiker, das scheint für jemanden, der sich mit der beruflichen Vita Renkenbergers befasst, dann doch ein wenig zu kurz gegriffen. Obwohl fast alles, was der Schwäbisch Gmünder in seiner Freiberuflichkeit so macht, natürlich irgendwie mit Musik zu tun hat: Produzieren und komponieren – „Konradin, der letzte Staufer“ etwa. Netzwerken, unterrichten, organisieren und eben einfach auch auf der Bühne Musik machen. Meist mit einer Loop-Station und oder hinter dem Schlagzeug. Beispielsweise bei „M & his Pocket Band“ und der „Kristina Safrany Band“.
Mit dem Trommeln angefangen hat Renkenberger bereits als Fünfjähriger. Im besten Sinne vorbelastet, wie viele seiner Kollegen: Der Vater spielte Kontrabass, war Berufsmusiker. Als sich die Familie in Untergröningen niederließ, ging der Vater irgendwann andere Wege. Heute steht sein Kontrabass in Renkenbergers Studio im Unikom – Kunstzentrum, eine Musikerhöhle, wie man sie sich vorstellt: Eine Stehlampe aus Großmutter Zeiten sorgt für schummriges Licht, in jeder Ecke ein Schlagzeug, Gitarren, Percussion-Equipment. Ein geöffnetes Kellerfenster, durch das man das Rauschen des Verkehrs hört. Für die meisten Menschen störend, für Svend Renkenberger Material – Töne, Geräusche, alles fließt in seine Arbeiten ein.
Sounddesign gehört schon länger zu Renkenbergers Musikerprofil. Auf Materialsuche ist er ständig – das Handy meist griffbereit für spontane Gelegenheiten. Wie etwa die auf einem Spaziergang mit seinen Kindern an einem Wasserlauf mit Wasserspielen. Rhythmisch die Töne beim ersten Hören, aber dann doch unrhythmisch, wie Renkenberger findet. „Ein Kosmos“, dem er sich beim Schneiden und Zusammenfügen der Tonelemente, durch morphen und loopen, annähert. Die können für Vernissagen und die eine oder andere Kunstperformance durchaus auch mal aus den Tiefen grauer Bauhausrohre kommen.
Musiker und Netzwerker
Renkenberger hat jahrelang mit dem ehemaligen und bereits verstorbenen Aalener Theaterintendanten Udo Schoen zusammengearbeitet – als zuständiger Öffentlichkeitsarbeiter, aber auch als Künstler. Die Arbeit mit Jugendlichen gehörte vor allem auch bei späteren Projekten mit NEW LIMES dazu. Heute organisiert und „leitet“ Renkenberger halbjährige Bandprojekte mit Kindern und Jugendlichen der 5., 6. und 7. Klasse an mehreren Gmünder Schulen. „Das funktioniert. Die Atmosphäre hat sich dort verändert. Es ist schön, dass die Kinder was haben, für was sie sich selbst auch auf die Schulter klopfen können“, sagt der Musiker und hebt die Improvisationsfreude der Kinder hervor. Mal zu Eimern greifen, wenn die Instrumente vergessen wurden – kein Problem. „Es gibt fortlaufend neue Impulse und ich lasse immer ein Fenster offen, für die Dinge und Zufälle, die passieren. Sie sind ein Geschenk.“
Renkenberger ist zudem ein Kreativer, der sich auch in Netzwerken auskennt: „Ich spüre, wann etwas zusammenpassen könnte“, sagt er. Die Lesung der Wortreich-Reihe mit Uli Stephan und Holger Jäckle etwa vor kurzem – sie ist auch diesem Gespür zu verdanken. Zu all dem gesellt sich eine gute Portion Unerschrockenheit und Neugierde auf alles Neue und Unberechenbare. „Wenn ich von irgendeiner Seite gewarnt werde und sich die Lager teilen, dann gehe ich hinein“, sagt Renkenberger und grinst.
Gute Voraussetzung, auch ein Festival wie die Gmünder Art mit all ihren unterschiedlichen Künsten und Künstlern zu organisieren. In diesem Jahr wird der Musiker dabei auch den Bereich Bildende Kunst mit übernehmen – und damit die Aufgaben von Nani Angstenberger, die sich zurückzieht. „Es ist also das ganze Gesamtpaket“, sagt Renkenberger, der sich darüber freut, dass man ihm dabei als nicht ausgewiesenem Experten in diesem Bereich vertraut. Vertrauen schenkte ihm das Kulturbüro auch beim Kirchenmusikfestival. 2013 leitete und erarbeitete mit sechs internationalen Musikern aus den Partnerstädten Gmünds den musikalischen Part für die Eröffnung mit der Kunst-Performance „Musique due feu“, des international renommierten französischen Aktionskünstler Denis Tricot.
Seit 2012 arbeitet Renkenberger auch mit Chris Kaiser vom Sandlabor zusammen. Mit Kaiser und Sarah NF Gros hat er ein Live-Projekt entwickelt, das zuletzt auf dem 1000-Lichter-Festival in Siegen und zur Eröffnung des Gmünder Schattentheater-Festivals gezeigt wurde. „Wenn wir arbeiten, dann springen die Einfälle nur so hin und her.“ Offenbar sind die besonders gut: Die drei wurden nun zu einem Schattentheaterfestival nach Brasilien eingeladen.
Fünf Kinder hat der 52-Jährige im Alter von zwei bis 22 Jahren. „Da muss man ganz schön trommeln“, sagt Renkenberger. Man kann nicht sagen, dass er das nicht tut. Aber nicht nur als Musiker.
Dagmar Oltersdorf, 05.01.2019 Schwäbische Post & Gmünder Tagespost
